Stuck von Joseph Schmuzer in der Klosterkirche Irrsee
 

>
 

Wenn über die Schule von Wessobrunn geschrieben wird, so trifft das zu einem Teil auf die Klosterschule zu, an der vor 250 Jahren 20 Professoren katholische Theologie lehrten. Hier begegneten sich Verfechter der alten Scholastik mit solchen der nationalistischen Ideen der beginnenden Aufklärung. Konventualen von Wessobrunn besetzten die Professuren an der Benediktiner-Universität Salzburg, sie waren maßgeblich bei den Ordensstudien der Kongregation beteiligt. Neben der zielbewussten Förderung der wissenschaftlichen, theologischen Ausbildung wurden in Wessobrunn auch neue Maßstäbe für das benediktinische Barocktheater geschaffen. Die eigentliche Berühmtheit der "Wessobrunner Schule" liegt aber auf künstlerischem Gebiet, im Schaffen der Stukkateure, die als große Meister aus dem kleinen Ort Wessobrunn hervorgegangen sind. Während es im Altertum und bei verschiedenen Kulturen (z. B. in der Gandhara-Kunst im heutigen Afghanistan vom 2. bis 3. Jahrhundert n. Chr.) bedeutende Beispiele von Stuckreliefs und Stuckplastiken gibt, entwickelte sich das Stuckwerk als plastische Verzierung in der lnnenarchitektur von Italien ausgehend erst seit der Renaissance, um zur Zeit des Barock und Rokoko sehr bald künstlerische Höhepunkte zu erreichen.

 
       
 
Stuck von Johann Baptist Zimmermann an einer Fensterlaibung
in der Wallfahrtskirche Steinhausen des Klosters Schussenried

Die Abtei schulte die Gesellen, die in Weilheim ihre Meisterprüfungen ablegten, sich aber als Wessobrunner in einer Zunft christlichen Gepräges in der "Gesellschaft der Stukkadorer" zusammengeschlossen hatten. Gemeinsam zog man nach feierlichem Gottesdienst im Frühjahr mit den Empfehlungen des Klosters und seinen internationalen Beziehungen in die Welt hinaus; gemeinsam wurde im Herbst die Arbeit niedergelegt. Satzungen und Überlieferungen hatten den Ablauf des Tages und der Arbeit genau geregelt. Über Winter kehrte man nach Wessobrunn, in den Bereich des Klosters zurück.

Die Wessobrunner Schule war auf dem altbewährten Boden des Maurerhandwerks sowie der Zunft- und Sippengemeinschaft erwachsen.   Über  600  Namen   sind  von ihnen bis jetzt bekannt. Wohl über 3000 Kirchen, Pfarrhäuser, Rathäuser, Palais, Bibliotheken und Wohnbauten haben sie in der Barockzeit erbaut, vor allem aber mit Stuckschmuck versehen. Starb einer von ihnen in der Ferne, notierte der Pfarrherr die Namen. Mehrere Wessobrunner starben in Versailles, an dessen Schlossbauten sie beteiligt waren; andere in Russland und Polen, in Italien und auf dem Balkan.

 
   

< zurück zum Anfang

weiter zum 3. Teil>